Akteurinnen
Clemens Krauss
Duration: 11 September — 16 October 2020
Berlin Art Week Opening Hours: Friday, 11 September - Sunday, 13 September 2020, 11h - 20h Regular Opening Hours 18 September - 16 October 2020, Friday - Sunday 13h - 18h
Die Ausstellung Akteurinnen von Clemens Krauss zeigt neben den fünf neuen Skulpturen Aktuerinnen (2020), die speziell für die Ausstellung im SMAC angefertigt wurden, die Malerei der Serie Remaining Silent (2013-14), die Arbeit Hand (2017), sowie die Videoarbeit Lieber Clemens | Dear Clemens (2019). Sämtliche Arbeiten wurden noch nie in Berlin gezeigt.
Aus reiner Ölfarbe geschichtet, fallen die zwischen 45 cm und 80 cm hohen Skulpturen Akteurinnen auf Podesten in dem ersten Ausstellungsraum durch ihre massive Präsenz auf. Das Gewicht von insgesamt knapp 200 kg Ölfarbe wird deutlich spürbar, nicht zuletzt aufgrund des intensiven Geruchs. Sobald die Betrachtenden/Agierenden die Installation betreten, treten sie mit den Skulpturen in Interaktion. Hier spielt Krauss auf den immer wiederkehrenden, aus der Psychoanalyse kommenden Ansatz zwischen dem Betrachtenden und dem Betrachteten an: Denn auch der Betrachtende wird zum Akteur und nimmt sowohl die Rolle des handelnden Objektes wie auch die Rolle des behandelten Subjektes ein. In dem Sinne gibt es keine Arbeit ohne Betrachter, und dementsprechend kein Werk ohne Interaktion zwischen Objekt, Besucher*in und Autor*in. Dabei stellt Krauss gesellschaftliche Vorgänge und Prozesse existierender gesellschaftlicher Ordnungen in Frage. Welche Rolle der einzelne Betrachter, die einzelne Betrachterin, dabei spielt, wird von dem Künstler virulent und ästhetisch problematisiert.
Diese An- bzw. Abwesenheit von Farbe sowie von materieller Präsenz, zieht sich wie ein Leitfaden durch die künstlerische Praxis von Clemens Krauss. Die mehrteilige und feingliedrige Malerei Remaining Silent (2013-14) bezieht sich direkt auf die äußeren Formen der Hohlräume, in welchen sich bis zur Sprengung seitens radikalreligiöser Gruppen im Jahre 2001 die historisch wertvollen Buddhastatuen von Bamyan in Afghanistan befanden. In seiner Malerei macht Krauss deutlich, wie das beabsichtigte Ausradieren kultureller Identität und die Herbeiführung von Leere, nur noch zu einem stärkeren Symbol als das Bild an sich werden kann.
Ein wesentlicher Bestandteil der künstlerischen Praxis von Clemens Krauss, der auch ausgebildeter Psychoanalytiker ist, stellt immer wieder ein Rückgriff auf eigene bzw. fremde Biografien dar, die jedoch – in Reflexion mit den komplexesten politischen, sozialen und kulturellen Prozessen – eine allgemeingültigere Aussage über unsere Gegenwart – sowohl auf das Individuum als auch auf Kollektive erlauben. So präsentiert Krauss im Untergeschoss des ziegelgemauerten Tonnengewölbes im SMAC die Arbeit Hand – die 1:1 in Silikon nachempfundenen Hände des Künstlers.
Im Alter von 13 Jahren hat Krauss in der Schule einen Redewettbewerb gehalten. Aus dem damals entstandenen Video entwickelt der Künstler in der Videoarbeit Lieber Clemens / Dear Clemens ein vermeintliches Zwiegespräch mit dem Clemens Krauss der Gegenwart, in welchem der junge Clemens dem gegenwärtigen Erwachsenen in einem Austausch auf Augenhöhe begegnet. Im Verlauf des Videos wird deutlich, politische Meinungsverschiedenheiten scheinen nicht nur innerhalb von Familien, sondern sogar auch innerhalb einzelner Biografien stattzufinden.
Über die gesamte Ausstellung hinweg zieht Krauss das Motiv der Wiederholung herbei. In Akteurinnen taucht die Wiederholung im Prozess nicht nur als analytischer Begriff im Sinne eines neurotischen Zwanges, sondern als künstlerisches Interesse auf. So wiederholt sich das Thema der Schichtung sowohl in der Machart der massiven Ölfarbskulpturen, die nur durch das geduldige Auftragen vieler Schichten realisiert werden können, sondern auch das Entschichten tiefenpsychologischer Überlagerungen. Somit manifestieren sich Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse in den Arbeiten von Clemens Krauss schließlich in Schichten, die es gilt, immer wieder neu zu betrachten.
Clemens Krauss, geboren 1983 in Graz, Österreich, hat in Wien, Berlin und London studiert und wurde mit seinen Malereien mit extrem pastosen Farbaufträgen bekannt. Zahlreiche Arbeitsaufenthalte führten ihn für längere Zeiträume unter anderem nach Japan, Brasilien, Australien, Israel und China. Seine Arbeiten wurden in wichtigen internationalen Museen, Institutionen und Sammlungen gezeigt. Zuletzt war er mit seiner Arbeit Transference der einzige österreichische Teilnehmer auf der Internationalen Havanna Biennale 2019.
2020 sorgte er mit dem Online-Performance-Projekt „Isolation Consultation" während des weltweiten Corona-Lockdowns für breites Aufsehen.
***
The exhibition Akteurinnen by Clemens Krauss includes five new sculptures titled Aktuerinnen (2020), which were specially made for the exhibition at SMAC, as well as a painting from the Remaining Silent series (2013–14), the work Hand (2017), and the video work Lieber Clemens | Dear Clemens (2019)—none of which has been shown in Berlin before.
Layered from pure oil paint, the sculptures Akteurinnen (2020), which are between 45 and 80 cm high, stand out due to their massive presence on pedestals in the first exhibition room. The weight of almost 200 kg of oil paint is clearly noticeable, not least because of the intense smell of the paint. As soon as the viewers/actors enter the installation, they interact with the sculptures. Here, Krauss alludes to the recurring approach from psychoanalysis between the observer and the observed: for the observer also becomes an actor and takes on both the role of the acting object and the role of the treated subject. In this sense, there is no work without a viewer, and accordingly no work without interaction between object, visitor, and author. In doing so, Krauss questions social procedures and processes of existing social orders. The role of the individual viewer is virulently and aesthetically problematized by the artist.
This presence or absence of color as well as of material substance runs like a thread through Krauss’s artistic practice. The multi-part and delicate painting Remaining Silent (2013–14) refers directly to the outer shapes of the cavities in which the historically valuable Buddha statues of Bamyan in Afghanistan were located until they were demolished by radical religious groups in 2001. In his painting, Krauss makes it clear how the intentional erasure of cultural identity and the creation of emptiness can only become a stronger symbol than the picture itself.
An essential part of the artistic practice of Clemens Krauss, who is also a trained psychoanalyst, is a repeated recourse to his own or someone else’s biography, which, however—in reflection of the most complex political, social, and cultural processes—allow to make a more general statement about our present, both the individual and the collective. Thus, in the basement of the brick-walled barrel vault in the SMAC, Krauss is presenting the work Hand: the artist’s hands modeled 1:1 in silicone.
At the age of 13, Krauss took part in a speech contest at school. In the video work Lieber Clemens / Dear Clemens, the artist uses the video created at that time to develop an alleged dialogue with the Clemens Krauss of the present, in which the young Clemens meets the current adult in an eye-level exchange. As the video progresses, it becomes clear that political differences of opinion seem to take place not only within families, but also within individual biographies.
Krauss uses the motif of repetition throughout the entire exhibition. In Akteurinnen the repetition in the process appears not only as an analytical concept in the sense of a neurotic compulsion, but as an artistic interest. The theme of layering is repeated both in the making of the massive oil paint sculptures, which can only be achieved through the patient application of many layers, but also in the removal of psychologically deeply-rooted layers. Thus, experiences and knowledge in the work of Clemens Krauss finally manifest themselves in layers that have to be looked at again and again.
Clemens Krauss, born 1983 in Graz, Austria, studied in Vienna, Berlin, and London. He became well-known for his paintings with extremely impasto paint applications. Numerous work stays have taken him to Japan, Brazil, Australia, Israel, and China for extended periods. His work has been shown in important international museums, institutions, and collections. Most recently, with his work Transference, he was the only Austrian participant in the Havana Biennial 2019.
In 2020, he caused a stir with the online performance project Isolation Consultation during the global coronavirus lockdown.