Heroinen
Susanne Schirdewahn
Eröffnung: 13. Februar 2025, 19:00 Uhr
Dauer: 14. Februar – 02. Mai 2025
Öffnungszeiten: Freitag – Sonntag, 13:00 – 18:00
„Als Künstlerin löse ich mich im Bild auf. In ihm spiegelt sich die Körperlichkeit – und unsere Körper sind so unerforscht wie der Marianengraben.“
Susanne Schirdewahns Worte sind so mutig, so direkt, so geheimnisvoll und stark wie ihre Kunst. 1970 auf dem Westberliner Vulkan geboren, setzt sich die Universalistin in den aktuellen Arbeiten ihres vielschichtigen Werkes mit Themen der Weiblichkeit und des Überlebens, mit Spuren und Übriggebliebenem sowie den Heldinnengeschichten unserer Zeit auseinander.
In expressiven Farbwelten widmet sich Schirdewahn dem Organischen und der Natur, stets beeinflusst von den intimen Einblicken in den eigenen Körper, die Biografie, die Gefühlswelten und das Sein an sich. Während die Malerin Schicht um Schicht auf die Leinwand bringt, schafft sie so – einer antiken Heldin gleich – auch ihre eigene Geschichte, dringt tief ins Unbewusste und Fantastische vor und erschafft Vexierbilder der Menschlichkeit, stets in ihrer ganz eigenen „intellektuellen Temperatur“.
Ausgebildet in Theaterregie an der Berliner Ernst-Busch-Hochschule ist Schirdewahns Werkkörper durchzogen von performativen und räumlichen Einflüssen. So nehmen die großformatigen Arbeiten ihren Ursprung in den Körperumrissen der Malerin. Dieser Prozess, beeinflusst von ihrer momentanen körperlichen Befindlichkeit und dem unkontrollierten Element des Blindzeichnens, initiiert die Narration ihrer Werke. Die so entstehenden Figuren verwandeln sich im Laufe des Malprozesses in Undinen, Shivas, Medusen und andere mythische Frauenfiguren – Heldinnen, die für Stärke und Widerstandsfähigkeit stehen. Obwohl die Arbeiten einen persönlichen Ursprung haben, schaffen sie im Malprozess eine Distanz, die das Allgemeingültige betont. Schirdewahns lange Erfahrung im Theater prägt ihren Ansatz, den Körper als Ursprung des Erzählens zu begreifen.
Nicht nur in ihren Gemälden – auch in Schirdewahns Cut-Outs drückt sich die Körperlichkeit durch jede Lücke aus: Sie wird amputiert, geformt, herausgearbeitet. Diese Berliner Hieroglyphen entstehen durch die Schichtung von Farbresten und den Einsatz des Spachtels. Mit der Schere verleiht Schirdewahn dem flachen Papier eine dreidimensionale Qualität und erschafft so freundliche Kreaturen – papierne Skulpturen voll enigmatischer Symbolkraft –, die wie nicht-verbalisierte Spuren der Vergangenheit als stille Erzähler:innen die unteren Räume des SMAC bevölkern.
Susanne Schirdewahns wilder Geist kam über Umwege zur bildenden Kunst, machte dort jedoch lange nicht halt. Ihre vielseitige Begabung zeigt sich in ihrer Arbeit als Malerin, Grafikerin, Autorin, freie Journalistin und Mutter. Gleichermaßen feministisch und sinnlich, fragil und voller Kraft, ambivalent und harmonisch bildet Schirdewahns Œuvre ihren ganz eigenen Kosmos und schafft damit einen utopischen Ort für „die Rast des Geistes zwischen zwei Ungewissheiten“, wie die Künstlerin mit Verweis auf die Autorin Djuna Barnes lächelnd verkündet. Damit beweist sie, dass all die Gleichzeitigkeiten und Schattierungen der Welt und ihrer Gegenwart nicht nur auszuhalten sind, sondern auch wunderschön sein können.
Text: Hilka Dirks